Quasi wie der Introitus zu den närrischen Freuden wird in Köln und in rheinischen Fastnachtslanden das Lied „Kumm, loss mer fiere“ gesungen.
Ihm entspricht als Schlusslied, in dem melodramatisch der Anfang vom Ende besungen wird, das Lied: „Am Schermittwoch is' alles vorbei“.
Das Wissen um die Endlichkeit der Narretei ist zwar Altbestand karnevalistischen Wissens, aber eine kurze Session wie die in diesem Jahr 2002 lässt dennoch manchen Narren aufstöhnen:

Wenn die Session so kurz ist, dass man nicht einmal mehr eine Chance zu einem Besuch des Prinzenpaares bekommt, warum kann man dann nicht einfach die Session verlängern
„Eine närrische Frage“ Klar! Und ernst gemeint.

Die Karnevalszeit hat traditionell feste Bezugspunkte.
Die Eröffnung der Session zum närrischen Termin am 11.11. um 11.11 Uhr ist eine Erfindung des 19. Jahrhunderts.

Der Tag gibt einen ersten Ausblick: Prinzenpaar oder Dreigestirn sowie das Motto werden vorgestellt.

Der Tag ist ein karnevalistischer Appetizer – nicht mehr und nicht weniger.
Der eigentliche Karneval im Rheinland, und zwar zuerst der Sitzungskarneval und die Maskenbälle anderswo beginnen mit dem Dreikönigstag, dem 6. Januar.
Dieser Termin knüpft an das alte Bohnenfest an, das durch den Königskuchen am Dreikönigstag ausgelöst wurde.
Wer die Bohne im Kuchen fand, wurde Bohnenkönig und musste ein Maskenfest geben.

Übrigens war dies ein soziales Fest, weil die Herrschaften, die feierten, auch der Dienerschaft ein Bohnefest ausrichteten; dieses Fest hieß „schwarzer Bohnenkönig“.
Das Bohnenfest war im Jahreslauf die erste karnevalistische Feier, der seit der Wiederbelebung des Karnevals in der Romantik des 19. Jahrhunderts nun die weiteren Feste folgten.

Fastnacht, Fasching oder Karneval sind seit dem 12. Jahrhundert auf die Zeit zwischen Dreikönige und Aschermittwoch eingegrenzt.

Warum?

Weil Fastnacht – also die Nacht vor dem Fastenbeginn – ein Schwellenfest ist und am Vorabend des Fastenaufktakts am Aschermittwoch entstand und sich dann ausweitete:
Die „drei tollen Tage“, die wir noch in Fastnachtliedern besingen, sind ursprünglich der Donnerstag vor dem Karnevalsonntag, der Sonntag und der Dienstag.

Als sich nach 1823 der „Rosenmontag“ mit dem Straßenkarneval und dem Rosenmontagszug durchsetzten, lief dieser Tag dem „Veilchendienstag“ den Rang ab.
Der Termin des Aschermittwochs ist kein fester Tag, sondern ein „beweglicher“, variabler Termin.
Er errechnet sich von Ostern her. Nach jüdischer Tradition wird am 14. Nisan (die quarta decima) Passah gefeiert, weshalb die Urchristen dies der Tag des Osterfestes war, ohne Rücksicht darauf, ob dieser Tag auf einen Sonntag fiel.

Im Westen dagegen bildete sich der erste Sonntag nach dem Frühlingsvollmond als Ostertermin heraus, der schließlich durch das Konzil von Niccäa 325 festgeschrieben wurde.
Das Osterfest kann demnach auf einen Termin zwischen dem 22. März und 25. April (Ostergrenze) fallen.
Im christlichen Festkalender geht die österliche Fastenzeit (Quadragesima) dem Osterfest voran.
Ostern ist deshalb ein beweglicher Festtermin. In Folge ist die Fastenzeit auch „beweglich“.

In Bezug auf das Fasten Jesu in der Wüste (Mt 4, 2) legte die Kirche die Länge der Fastenzeit auf 40 Tage und Nächte fest.
Die in 40 Einheiten zu teilende Zeitspanne bezeichnet die erdzugewandte Vielfalt und kommt in der Bibel mehrfach vor:

40 Jahre wandern die Israeliten durch die Wüste (Ex 16,35),
40 Tage begegnet Moses Gott auf dem Sinai (Ex 24,18),
40 Tage wandert Elias zum Berg Horeb (1 Kön 19,8),
40 Tage fastet Jesus in der Wüste (Mt 4,2; Lk 4,2) und
40 Tage nach der Auferstehung (= Ostern) feiert die Kirche Christi Himmelfahrt (Apg 1,3).

Der Beginn der Fastenzeit liegt auf einem Mittwoch und das Ende der Fastnachtszeit auf dem Dienstag nach dem 6. Sonntag vor Ostern (Invocabit).
Als die Synode von Benevent 1091 die Sonntage in der Fastenzeit als Gedächtnistage der Auferstehung Jesu vom Fasten ausnahm, rückte deshalb der Beginn der Fastenzeit um 6 (Wochen-) Tage vor.

Die Fastnacht endet seitdem am Dienstag nach dem 7. Sonntag vor Ostern (Estomihi) und die Fastenzeit beginnt mit dem folgenden Mittwoch, dem Aschermittwoch.
Jene, die ihre Fastnacht nach der alten Fastenordnung vor der Regelung in Benevent (1091) feiern, begehen die Alte Fastnacht (auch: Bauernfastnacht), die immer in die geltende Fastenzeit fällt.

Zum Unterschied von der Alten Fastnacht wurde der der neuen Fastenordnung entsprechende neue Fastnachtstermin Herrenfastnacht genannt.
Die Fastenzeit gilt als gebundene Zeit, denn in dieser Zeit waren die Christen an Verpflichtungen gebunden:

Die Pflicht zum Fasten, d.h. zum Verzicht auf Fleisch, Milchprodukte (= Laktizinien) und Eier, Mitfeier der Karwoche und der österlichen Gottesdienste, Teilnahme an der Osterbeichte.

Fastnacht, Fasching oder Karneval haben vor dem Fastenbeginn nicht nur die Funktion des Dampfablassens, des „noch einmal auf die Pauke hauen“.
Mit dem Aschermittwoch beginnt die Kirche den Weg durch Leid und Tod zur Auferstehung, zum himmlischen Jerusalem, Ostern.
Dieser „Zeit des Geistes“ wurde die „Zeit des Fleisches“ vorangestellt, in der gespielt wurde, wie man falsch lebt: als Gottesleugner ein Narr, in der Rolle des Teufels als Gottesfeind, weltzugewandt und verloren in Sinneslust.
Fastnacht war ein Spiel, das Gespielte keine Realität, sondern letztlich Abschreckung.
Die Fastnacht wird nicht vom ökonomischen Bedarf der Fastnachtvermarkter bestimmt, – Gott sei Dank.

Fastnacht und ihre Zeit waren und sind abhängig von Ostern und der Ostern vorausgehenden Fastenzeit.
Der Sinn der Fastnacht erschließt sich nur von der Fastenzeit her.
Und eigentlich dürfte nur der Fastnacht feiern, der auch anschließend fastet und sich auf Ostern vorbereitet.

Ein seltsamer Narr, wer in der Fastenzeit noch närrisch sein will.